Wir haben zwar immer genug zu essen im Rescue Centre, aber eben auch
nur genug. Das heißt, kein Kind ist unterernährt und keines muss hungrig
ins Bett gehen (meistens). Deswegen geht es um die Weihnachtszeit dann
sehr verrückt zu hier.
Leute werden großzügig und spenden, spenden
Essen, schon gekochtes Essen, dass dann auch vertilgt werden muss, um
es nicht verderben zu lassen. Um die Weihnachtszeit also gibt es viel zu
essen, zu viel. Das führt so weit, dass vor allem die Jüngeren
Bacuhschmerzen bekommen, da sie ohne Halt in sch hineinstopfen, eines
der Kinder hat sich an einem Tag sogar übergeben. Am Ende musste dann
doch Essen weggeworfen bzw. den Schafen gegeben werden.
Grundsätzlich
ist es ja gut, Spenden zu erhalten, nur kommt dann plötzlich alles auf
einmal. Kann man die Kinder im Juni, Juli mit Süßigkeiten und Saft in
Ekstase stürzen, wollen sie dies zu Weihnachten gar nicht mehr. Zuerst
gibt es lange nichts, und dann viel zu viel. Man kann natürlich keinem
Spender einen Vorwurf machen, aber eine bessere Verteilung dieser Spenden auf das Jahr hätte wohl mehr Sinn.
Abgesehen
von massenhaft Essen und Süßem, und einer Gruppe die kamen, um
Weihnachtslieder zu singen, verlief Weihnachten eher unspektakulär. Zwei
Schafe wurden geschlachtet und ich brachte mein Weihnachtsgeschenk,
FlipFlops für jeden. Einen richtigen Weihnachtszauber gab es nicht, es
scheint allerdings hier auch nicht so wichtig zu sein.
Es war auch
irgendwie sehr entspannend, ich verbrachte die gesamte Adventszeit ohne
ein einziges nerviges Weihnachtslied im Radio, ohne die stressige
Werbung und die übertrieben kitschigeWeihnachtsdeko überall. Eigentlich
gab es nichts, das auf Weihnachten hindeutete. Das wäre vielleicht in
einer Familie anders gewesen, aber ich hatte alle Einladungen
ausgeschlagen und mich dazu entschlossen, im Rescue Centre zu bleiben.
Und es war trotzdem ein schöner Tag.
Am 24. und 25.
hatte ich ein wenig Weihnachten über Skype, und vor allem der 25. war
super, Weihnachten bei der mütterlichen Verwandtschaft, alle vor einen
kleinen Bildschirm gequetscht, das übliche Chaos und Durcheinander, ich
fühlte mich plötzlich, als wär ich direkt unter ihnen. Das war echt
lustig und wirklich nett.
Am 25. war dann auch packen angesagt, am
26. sollte es losgehen nach Tansania, gemeinsam mit Emma für zwei
Wochen. Obwohl ich mich sehr auf die Reise freute, wusste ich doch schon
im Vorhinein, dass es schwierig sein würde, die Kinder und Kollegen
hier für so lange Zeit alleine zu lassen.
Auch wenn die
Weihnachtszeit wohl die heimwehgefährdetste Zeit ist, hab ich diese
Falle wohl sehr geschickt damit umgangen, dass ich eben um diese Zeit
bei Mercy wohnte.
Freundschaften hier werden sehr schnell sehr
intensiv, da man irgendwo weiß, dass die gemeinsamen Zeit begrenzt ist.
Das heißt, man vermisst sie deshalb nach einer Woche unheimlich, weil
diese Woche eine Woche eines Jahres ist, das man hier verbringt, in dem
man sich sicher sieht, bevor es dann auf Besuche reduziert wird. Das
möchte ich hier erwähnen, da ich niemanden vor den Kopf stoßen will mit
meinen Worten, mit meiner Begeisterung und vielleicht mit dem Anschein,
vollkommen auf Österreich zu vergessen.
Das tu ich nämlich nicht,
ich versuche nur, alles aus diesem Jahr, das mir geschenkt wurde, zu
schöpfen. Und dazu gehört auch, sich auf das Jetzt zu konzentrieren. Es
wäre tödlich (ich sehe, dass es tödlich ist), permanent noch mit halbem
Fuß in einem anderen Land zu stehen. Das heißt, man bekommt nie dieses
Gefühl, völlig da zu sein. Mit beiden Beinen irgendwo zu stehen heißt
aber ja auch nicht, dass diese dort jetzt in Zement eingegossen werden
und man sich nicht mehr bewegt. Nein, seine Füße einmal von einem Ort,
einem Land, einer Umgebung loszueisen, macht sie leicht, beweglich,
flink, und man kann danach viel leichter von Ort zu Ort wandern. Es
macht sie freier, wegzugehen und zurückzukehren. Ich habe keine Angst
mehr davor, meine Heimat, sei sie nun in Kenia oder in Österreich, oder
in einigen Jahren vielleicht auch noch an anderen Orten der Welt, für
eine Zeit zu verlassen, um etwas Neues zu entdecken. Heimat ist nicht
der Ort, an dem man geboren wurde, oder der Ort, an dem man dieselbe
Sprache spricht, Heimat sind die Menschen, die einen lieben.
Diese
Erkenntnis habe ich hier machen dürfen und ich bin sehr dankbar für
sie. Und für die Leute um mich herum, die mir jeden Tag das Gefühl
geben, ihnen wichtig zu sein. Auch bin ich dankbar für die Menschen in Österreich, die mich unterstützen, einfach dadurch, dass sie mir zuhören und mich verstehen, und
bei denen ich weiß, es erwarten mich Freunde und Familie, wenn ich im
August wieder zurückkomme. Das gibt mir Sicherheit und lässt mich etwas mehr Frieden schließen mit dem Gedanken, dass mein nun Flug gebucht ist.
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