Donnerstag, 27. März 2014

Ein Tag

Was tu ich so an einem Tag? Mehr oder weniger viel! Hier mein heutiger:

Mein Wecker klingelt um 5:45. Gekonnt finden meine Finger die Off-Taste und schalten somit auch die Schlummer-Funktion aus, ohne mich dabei aufzuwecken. Eine weitere Dreiviertelstunde süßen Schlafes, bis sich um Punkt 6:38 meine Augen von selber öffnen. Nun liegt es an mir und meinem eisernen Willen, ob gleich aufzustehen oder nicht. Spätestens nachdem Kathies Wecker um 7:00 geläutet hat, quäle ich mich aus dem Bett und suche zuerst mal einen dicken Sweater, weil es morgens schweinekalt ist. Im Bad verfluche ich den fast leeren Eimer, der mit Schmutzwasser zum Spülen der Toilette gefüllt ist. Nachdem ich im Bad fertig bin, mache ich mich daran, das Geschirr abzuwaschen, das ich am Abend stehen lassen habe. Mit klammen Fingern spüle ich mit dem eiskalten Wasser und ärgere mich über meine Faulheit am Vortag. Als ich frisches Wasser aus dem Kanister nachfüllen will, geht wie jeden Tag die Hälfte auf den Boden. Hatte ich am Vortag die Motivation, Milch zu kaufen, koche ich Tee, im Moment Masala Chai mit viel Tangawizi (getrockneter Ingwer). Im Idealfall dazu noch ein Mandazi.
Um 8, heute bin ich etwas spät dran, verlasse ich das Haus und geselle mich zu den Kindern. Beim Betreten des Büros habe ich sofort die Ehre eines Vortrags unseres allseits geliebten Herrn Arap Too, der heute wieder die Weisheit mit dem Löffel gefressen hat. So verlasse ich das Büro schnell wieder und mache meine Halskette, die ich vor über einer Woche begonnen habe, endlich fertig. Danach laufe ich noch einmal zum Haus, ich habe mein Kopftuch vergessen. Während ich um 9:00 den Hügel zu unserem Maisfeld raufsteige, binde ich es mir fest um den Kopf, damit ich mir nach getaner Arbeit nicht wieder Kiloweise Erde aus den Haare fitzeln muss. Haare waschen ist gerade nicht so lustig, da wir kein Wasser haben.
Eineinhalb Stunde reiße ich mit einer Jembe tiefe Wunden in die Erde, um das Maisfeld umzuackern. Danach sind die Blasen vom Vortag offen und brennen, und außerdem hab ich Mwangi versprochen, ihm bei der Ferigstellung des Hühnerstalles zu helfen. Also geh ich wieder runter, direkt zum Hühnerstall, bei meinem Tatendrang brauche ich keine Pause. Die Sonne hat mittlerweile ihre volle Kraft erreicht und brennt erbarmungslos vom Himmel. Sonnenbrand schleicht sich auf leisen Sohlen von hinten heran. Als ich die Gefahr bemerke und mich eincreme, hat er schon meinen Rücken und mein Dekolletee erobert. Naja, hilft ja nix, der Hühnerstall muss fertigwerden, heute kommen endlich die Hühner. Wie immer stellen sich unsere Vorhaben nicht so einfach heraus wie gedacht, doch mit Kreativität und Einfallsreichtum gelingt alles. Ich arbeite echt gerne mit Mwangi zusammen. Eine halbe Stunde Pause gönne ich mir zu Mittag, in der ich Wasser schöpfen gehe. Denn wie gesagt, kein Wasser im Haus. Dreißig Liter später mache ich mich auf zurück zum Hühnerstall. Ich spüre, dass ich heute schon viel getan habe und die Kinder, die mir entgegenlaufen, sind doppelt so schwer wie normal. Weiter geht's, bis halb vier. Dann bin ich alle. Also rauf zu Mercy, nach einem Glas Wasser und Hilfe beim Aufräumen fragen. Im Haus keine Mercy, nur ihre Schwester Sarah, die draufkommt, dass sie Steffi vom Kindergarten abholen muss. Also keine Hilfe beim Aufräumen, stattdessen ein Brolin zum Aufpassen. Wieder aufstehen, das Haus verschließen, Brolin nehmen und ein paar Kinder zusammentrommeln. Nach zwanzig Minuten seht die Umgebung des Hühnerstalls nicht mehr wie ein Schlachtfeld aus. Und da kommt auch Sarah und nimmt mir Brolin ab. Ausruhen! Ausruhen? Neeeh! Die Kinder wollen ihre Perlen. Also flüchte ich mich ins Haus, ich habe sowohl Erde am ganzen Körper als auch Sägespäne in der Unterwäsche. Jetzt bin ich froh, dass ich die Mittagspause zum Wasserholen genutzt habe. Es ist halb fünf, und ich bitte Mercy, mir Obst aus der Stadt mitzubringen. Nachdem ich mich gewaschen habe, kommt mein Obst. Drei Mangos für 50 Shilling (weniger als 50Cent) und eine Ananas zum selben Preis. Wieder rauf ins Büro, die Hühner sollen bald kommen. Das tun sie dann schließlich um halb sieben. Aber nur fünf der elf sind da, wieso sollte auch irgendwann einmal etwas nach Plan laufen? Schon während der Fahrt hat eines ein Ei gelegt, ein anderes kommt, während wir die Hühner an den Beinen nehmen und kopfüber in den Hühnerstall tragen. Ich werte das als gutes Omen, auch wenn das Ei hinunterfällt und zerbricht.
Danach geh ich rauf zu Mercy. Hab echt keine Lust zu kochen, und wenn ich Glück habe, gibt's sogar Eier oder Fleisch.
Richtig müde strecke ich mich auf dem Sofa aus, doch Steffi lässt das nicht zu, sie will spielen. Nicht heute, nimechoka sana! Der Strom fällt aus und alle hoffen inständig, er ist bin zu La Patrona, unserer Soap, wieder zurück. Ist er, und wir schauen, und essen (es gibt Eier!) - ich esse für zwei, weil ich das Mittagessen ausgelassen habe, und meine Augenlider werden immer schwerer. Also geht's heute schon um halb neun nachhause. Während des Hinuntergehens mache ich meine To-Do-Liste, die immer länger wird, da ich nur die Hälfte meiner Punkte an einem Tag abarbeiten kann meistens. Also, in der Früh aufs Maisfeld, danach den Hühnerstall noch vollkommen fertigstellen, danach in die Stadt, Hühnerfutter kaufen, Fotos entwickeln, DVD kaufen, nach einem Schulbuch sehen. Zurück, schauen, wie alles läuft, mittagessen, auf den Markt mit ein paar Kindern, wieder ins Centre, Betty zeigen, wie man die Halskette macht, die ich heute fertiggestellt habe. Und Palatschinken wollte ich eingentlich auch machen.
Dass ich das niemals schaffe, weiß ich jetzt schon.
Ich öffne die Tür zu unserem Compound und gehe über das leicht feuchte Gras auf unser Haus zu. Gleich bin ich daheim.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen