Mittwoch, 12. März 2014

Visum und Frust

Das gesamte Monat Januar wurde von einem eizigen Problem überschattet: meinem Visum.

Unsere Arbeitserlaubnis, die uns den weiteren Aufenthalt in diesem Land erlauben sollte, war noch nicht da und so wussten wir nicht, ob wir dieses Land vielleicht vorzeitig verlassen müssen. Die Alternativen schienen zu unsicher, feststand, dass wir am 10. Februar raus aus Ostafrika sein müssten, sofern wir kein neues Visum bekämen nicht illegal in diesem Land bleiben wollten. Ob "raus aus Ostafika" nun nach Österreich oder in ein anderes afrikanisches Land heißen sollte, war unklar, jedoch schien die Rückreise nach Kenia mit Ausreise nicht automatisch gewährleistet und war zusätzlich noch ziemlich teuer. Wir wurden von unsere Organisation zu warten geheißen, und dieses Warten und die Ungewissheit war unglaublich zermürbend.

Nach einem halben Jahr abzubrechen und zurück zu kommen, war für mich keine Option. Ich hatte hier so richtig meine Aufgabe gefunden und viele Dinge begonnen, ich wurde  wirklich gebraucht. Außerdem war und bin ich im Kopf einfach darauf eingestellt, hier ein Jahr zu verbringen, und war ganz und gar nicht bereit, Kenia zu verlassen.

Das eigentliche Problem an der ganzen Sache war, dass sich meine Gedanken plötzlich sehr mit Österreich beschäftigten, und das in Kombination mit meinen größer werdenden Problemen, mit der Behandlug hier klarzukommen und dem Frust auf die Regierung, meine Organisation und überhaupt alles, wusste ich plötzlich gar nicht mehr, wohin mit mir.
Wie schon erwähnt, es war einfach zermürbend.

Ich will diesem Abschnitt kein so großes Kapitel widmen, da es sich in letzter Sekunde gerklärt und ich jetzt unbehelligt bis August hierbleiben kann. Die Situation hat jedoch Gedanken ausgepackt und kleine Samen gesät, die langsam keimen und sprießen und zu einem richtigen Halbzeit-Tief heranwachsen sollten.
Schon in der Vorbereitung noch in Österreich sind wir diesen Graphen durchgegangen, dem anscheinend jeder folgt, und der nach der Hälfte des Einsatzes erst mal steil nach unten geht. Obwohl ich mich nicht gerne als so voraussehbar sehe, hat dieser Stimmungsgraph in dieser Hinsicht auch bei mir voll zugetroffen.
Ich war plötzlich müde.
Ich war plötzlich frustriert.
Ich sah plötzlich keinen Sinn mehr in dem, was ich hier tu.
Ich war genervt.
Ich fühlte mich nicht verstanden.

Man wird hier mit Problemem und Herausforderungen konfrontiert, die sehr viel Energie, sehr viel Optimismus und sehr viel Geduld brauchen. Denn so einfach ist es nicht, zu helfen. Über die Gründe, warum, mag man sich streiten, ist es die Mentalität, hat es sich aus dem Fehlverhalten früherer Unterstützer entwickelt, macht man selbst etwas falsch, ist es die Bildung, im Endeffekt steht man dann halt vor dem Problem:
Viele Menschen hier verstehen unter "Hilfe", dass man mit einem Koffer voll Geld bei ihnen vorbeikommt, sie dessen Inhalt verschleudern können, und dann bringt man Nachschub. Um Nachhaltigkeit sicherstellen zu können, braucht man am allermeisten die Kooperation der Menschen, denen geholfen werden soll. Und daran scheitert es leider. Einfache Dinge wie einfach zu uns ins Zentrum zu kommen, um das nächste Vorgehen auszudiskutieren, sind oft nicht möglich. Das tut weh. Ich habe mich irgendwann dabei gefunden, Menschen nachzulaufen, um sie zu überreden, das Schulgedl und die Uniform, die ich für sie bekommen habe, anzunehmen, und selbst dafür waren sie nicht bereit, mich zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort zu treffen. Ich habe also beschlossen, diese Menschen aufzugeben und mich auf andere zu konzentrieren, die die Unterstützung auch annehmen. Und das war eine sehr schwer einzugestehende Entscheidung. Ich bin mit einer gewissen Naivität nach Kenia gekommen. Nicht mit der Überzeugung, ich rette die Welt. Oder ich wäre hier eine furchtbar wichtige Person. Aber mit viel Motivation und dem Vorsatz, die Aufgaben, die ich mir gebe, auch zu meistern. Und es hat mich zu Beginn furchtbar gestört, wenn ich von den Sozialarbeitern Aussagen hörte wie "Oh, da kann man nichts machen." und damit war die Sache gegessen. Weil man soll es doch wenigstens PROBIERT haben. Wenn ich mich dahingehend dazu äußerte, wurde das meistens unkommentiert so aufgenommen. Sie haben wohl einfach auf den Moment gewartet, in dem mir plötzlich die Wahrheit an "Da kann man nichts machen." klar wird. Naja, sie wurde mir mittlerweile klar. Ich will versuchen, mich davon nicht so weit desillusionieren zu lassen, keine scheinbar unmöglichen Dinge zu versuchen. Denn jeder noch so kleine Erfolg gibt mir recht. Aber es gab viele Momente, in denen ich mich wie der kleine bedröppelte übereifrige Heini fühlte, der immer wieder umsonst seine Energie und sein Herz in hoffnungslose Fälle steckt.
Außerdem war ich unheimlich genervt davon, dass alles immer so unheimlich lange dauert. Wenn man etwas nicht selber anpackt, kann man sich sicher sein, dass es nicht gemacht wird. Und wenn man delegiert,braucht es strikte Kontrolle, ansonsten muss man sich auf Überraschungen gefasst machen.
Der ganze Frust und das Satthaben führten zu einem mehr oder weniger Ausbruch, in dem ich sehr offen und zu gerade heraus Mitarbeitern diesen Frust ins Gesicht geworfen habe. Das Resultat war die kalte Schulter einer Kollegin, die ich eigentlich sehr gerne habe, für zwei Wochen.

Ja, also das war so mein Problem. Mittlerweile habe ich meinen Optimismus wiedergefunden.

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