Sonntag, 30. März 2014

Schwarz-Weiß

Eine anstrengende Woche liegt hinter mir. Von Montag bis Samstag war ich von 8-18 Uhr verfügbar und bin von A nach B und Y nach Z gerannt. Das gab mir wieder das Gefühl, sinnvolle Arbeit zu machen können. War ich eine Zeit lang wieder einfach nur müde, war ich nun zu beschäftigt, um das noch wahrzunehmen. Mein Körper reagiert auf die körperliche Arbeit und die viele Bewegung, vieles fällt mir sehr viel leichter als noch vor ein paar Monaten. Als ich hierher kam, hätte ich nie eineinhalb Stunden ohne Unterbrechung ein Feld umgraben können und danach noch am Hühnersatall weiterbauen. Habe ich die Zeit, gehe ich zu Fuß in die Stadt, und die Strecke kommt mir nur mehr halb so lang vor wie zu Beginn. Einen kleinen Triumph habe ich am Freitag erlebt.

Ich war in der Stadt, um Futter- und Wasserbehälter sowie Futter für die Hühner zu kaufen. Beladen mit den Trögen bezahlte ich im Agrovet den 20-Kilo-Sack. Der Verkäufer fragte mich, ob mein Auto draußen stünde und wollte mit den Sack ins dorthin tragen. Ich verneinte und bat ihn, mir den Sack auf den Kopf zu geben, damit ich zur Matatu-Stage gehen kann. Daraufhin erntete ich nur einen skeptischen Blick, sodass ich den Sack selber auf meinen Kopf hob und meines Weges ging. Nicht wenigen Leuten auf der Straße hing die Kinnlade herunter, als sie da ein weißes Mädchen mit einem Futtersack auf dem Kopf und Sackerln in beiden Händen durch die Stadt maschieren sahen. Dasselbe wiederholte sich, als ich aus dem Matatu ausstieg und dem Conductor sagte, er solle mir den Sack auf den Kopf heben. Auch auf meinem Weg vorbei an Chicago erntete ich erstaunte Blicke. Als ich das Centre betrat, waren die Reaktionen nicht anders, was mich ein wenig ärgerte, da ich in den letzten sieben Monaten wirklich mehr als einmal bewiesen habe, dass ich mir nicht zu schade für körperliche Arbeit bin, und dass ich diese auch sehr wohl verrichten kann, obwohl ich weiß bin. Dann jedoch kam Maggieauf mich zu, und sie konnte sich vor Lachen kaum halten, und dann sagte sie:
"You REALLY are like us. The only difference is the skin colour."
Und das war Balsam für meine Seele. Es hatte siebeneinhalb Monate gedauert, aber jetzt, endlich, hatte eine Person begriffen, was ich seit meiner Ankunft hier beweisen will. Dass wir alle Menschen sind, und dass unsere größte Differenz die Farbe der Haut ist. Das ist für viele oft nicht verständlich. Man glaubt, in Europa leben keine Menschen auf der Straße, niemand ist arbeitslos, alle sind reich und keiner muss hart für sein Geld arbeiten. Ich weiß, dass unsere Armut verglichen mit der in Afrika in keiner Relation steht, aber den Westen als Paradies hinzustellen, ist enfach grundlegend falsch. Und ich hasse dieses Vorurteil, dass Leute, nur weil sie weiß sind, keine Arbeit machen können.
Einige Zeit zurück wollten wir ein paar Säcke Sägespäne holen, so gingen wir los, sechs Leute, sechs Säcke zum Füllen. Die Säcke gefüllt, wurde ich nach meinem Auto gefragt, und ich sagte, wir würden zurückgehen. Daraufhin stellte eine Mitarbeiterin fest: "You can't carry this, it's too heavy for a Mzungu." Sie machte sehr große Augen, als mir Samuel den Sack auf die Schultern lud und wir uns von dannen machten. Die gut 30kg machten sich nach zwanzig Minuten schön langsam bemerkbar, die Kommentare unterwegs (von "Don't mistreat a Mzungu like this!" bis hin zu "My God I think I'm dreaming!") waren aber allenfalls Ansporn genug, mit den Jungs Schritt zu halten und der Versuchung, den Sack abzuladen, zu widerstehen.

Nach dieser Woche allerdings, da sie mich Lasten auf meinem Kopf tragen haben sehen, da ich stundenlang am Hühnerstall herumgehämmert habe, da ich unermüdlich das Feld umgegraben habe (dass ich das im Dezember auch gemacht habe, ist schon lange vergessen), habe ich das Gefühl, endlich auch in dieser Hinsicht Respekt gezollt zu bekommen. Sie behandeln mich als eine Gleiche und wollen mir nicht alle Arbeit sofort wieder abnehmen, ich bin eine der Ihren. Das ist ein sehr gutes Gefühl.

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