Dienstag, 5. November 2013

Erkenntnisse

Am Samstag, 28. September, übernachtete ich das erste Mal im Rescue Centre.
Diesen Tag könnte man als Wendepunkt betrachten, wurde mir an diesem Tag das erste Mal selber meine enorme Unausgeglichenheit bewusst. Kleinigkeiten warfen mich völlig aus der Bahn und ich verlor schnell die Contenance.
Schon in den Wochen zuvor hatten sich meine Mitarbeiter ab und zu besorgt geäußert, ob es mir denn uach gut ginge, ich sähe so müde und abgespannt aus. Bis zu besagtem Samstag hatte ich diese Frage als übertriebene Fürsorge empfunden. Ich wollte die Herausforderung meiner etwas problematischen Familiensituation auf jeden Fall meistern und mich nicht wie ein verwöhntes Mädchen über jede kleine Unannehmlichkeit beschweren. Das hatte zur Folge, dass ich langsam in diese Situation hineinrutschte, und die Belastung zwar langsam aber kontinuierlich wuchs, und gar nicht merkte, wie die Luft immer dünner wurde. Nun aber wurde mir der Sauerstoff zu knapp. Und diese Idee, dass ich doch eigentlich auch im Rescue Centre leben könnte, schlug ihre zarten Wurzeln in meinem Gehirn.
In der Arbeit angekommen, war meine Unruhe wieder verflogen, wie immer, wenn ich die Kinder sah, und ich war glücklich. Wir verbrachten den Abend mit gemeinsamem Tanzen und Filme schauen (eine DVD mit zehn Filmen kann man hier für 100Shilling erwerben). Ich genoss den Abend sehr.
Die Kinde hier im Rescue Centre sind eine große Familie. Ich war und bin immer wieder gerührt von der Fürsorglichkeit, mit der man sich umeinander kümmert. Es ist immer jemand da, der nach den Kleinen sieht und ihnen die Nase putzt, die Kleidung zurechtzupft oder sie einfach auf den Schoß nimmt. Auch ich bekomme, wenn ich abends noch bei den Mädchen bin und es etwas kühler wird, sofort eine Fleecejacke über die Schultern gelegt. Als ich dort übernachtete und im Schlaf aus dem Schlafsack gerutsch war, wurde ich sofort wieder ordnungsgemäß zugedeckt und eingepackt. Das sind die kleinen Momente, die meinen Bauch mit diesem warmen Gefühl durchfluten. An diesem Samstag wurde mir auch klar, wer wirklich meine Familie hier ist.

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